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What light there is

Autor
Burnside, John

What light there is

Untertitel
Über die Schönheit des Moments. Aus dem Englischen von Bernhard Robben
Beschreibung

In Über Liebe und Magie, seinem vorherigen Buch, verknüpfte der schottische Schriftsteller und Lyriker John Burnside Erinnerungen an seine Mutter und seine Jugend mit Reflexionen über Musik, Kino und der oft dunklen Magie der Liebe. Jetzt ist im Haymon Verlag ein neuer Text von ihm erschienen. What light there is nimmt diesen stetigen Strom von Gedanken und Erinnerungen auf, dessen Themen die Vergänglichkeit, Flüchtigkeit und der Zauber des Unwiederbringlichen sind. Wieder fesselt Burnside den Leser mit seiner luziden und sinnlichen Sprache, die zu lesen eine einzige Freude ist.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Haymon Verlag, 2020
Seiten
176
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-7099-8114-6
Preis
19,90 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

John Burnside wurde 1955 in Schottland geboren. Für sein Werk, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Internationalen Literaturpreis Corine, dem Forward Poetry Prize, dem T. S. Eliot Prize (alle 2011) und dem Spycher: Literaturpreis Leuk (2012). Neben Romanen wie „In hellen Sommernächten“ (2012, englisches Original „A summer of drowning“ 2011) oder „Ashland & Vine“ (Übersetzung und Original 2017), Kurzgeschichten und Gedichtbänden glänzt John Burnside mit autobiografischen Werken, in denen er tiefe Einblicke in seine Lebens- und Gedankenwelt gewährt. Darunter zuletzt „Über Liebe und Magie. I put a spell on you“ (2019), mit dem John Burnside die SPIEGEL Bestseller-Liste und die SWR-Bestenliste anführte.

Zum Buch:

In Über Liebe und Magie, seinem vorherigen Buch, verknüpfte der schottische Schriftsteller und Lyriker John Burnside Erinnerungen an seine Mutter und seine Jugend mit Reflexionen über Musik, Kino und der oft dunklen Magie der Liebe. Jetzt ist im Haymon Verlag ein neuer Text von ihm erschienen, der den stetigen Strom von Gedanken und Erinnerungen fortführt. What light there is ist in vier Abschnitte gegliedert: Erde, Himmel (über das Verlieren), Die Sterbenden und Die Göttlichen. Sie sind durchzogen von den leitmotivisch immer wieder auftretenden Themen Vergänglichkeit, Leere, Sterben und Tod, dem Zauber des Unwiederbringlichen und der Kostbarkeit eines bewusst wahrgenommenen Augenblicks.

Burnside ist niemand, der die Augen vor der Schäbigkeit der Welt des armen Bergarbeiterstädtchens und des schwierigen Elternhauses, in dem er aufwuchs, verschließt. Der Schmerz und auch die Wut darüber, was in unserer lauten, hektischen und durch und durch kommerzialisierten Welt in immer größerer Schnelligkeit verschwindet, durchzieht das gesamte Buch. Aber anstatt selbst abzustumpfen, scheint in ihm eine Sehnsucht und eine geschärfte Wahrnehmung für Stille und Weite gewachsen zu sein: für die Schönheit des Moments, aber auch für die Erfahrungen des Verpassten, des zu schnell Vergangenen. Burnside hat die Fähigkeit, in scheinbar zufälligen Dingen und Geschehnissen Zusammenhänge und Beziehungen zu sehen und zu überraschenden Deutungen zu verknüpfen. Seine Faszination für den Winter, dessen Kälte und Eis, wird zum Auslöser seiner Assoziation zu zwei Gemälden. Er stellt Berichten über die Londoner Frostmärkte mit ihren “Verkaufshütten und Saufbuden”, die auf der zugefrorenen Themse entstanden, die Schlittschuh-Bilder von Brueghel und Avercamp entgegen, die für ihn ein Beispiel für die zeitweilige schranken- und klassenlose Freiheit in einem Ausnahmeraum darstellen. Sein Fazit: “Die einen nutzten das gefrorene Eis als Gelegenheit für den Handel und für die Ausübung sozialer Privilegien, die anderen als improvisierten Raum für imaginiertes Spiel.”

What light there is ist ein grenzgängerischer Text, oszillierend zwischen Helligkeit und Schwärze, voller Wissen um Abgründe, aber auch um eine lichte Gegenwärtigkeit und den Schmerz um die Flüchtigkeit solcher Augenblicke. Diese Momente werden im Lauf der Zeit zunehmend wertvoller, weil sie nie wieder einzuholen sind – wie ein Ballon, der einer Kinderhand entgleitet, wie ein Blickwechsel im Vorübergehen oder die Hand, die nur kurz in unserer bleibt. Dem nachspürend wird das alles durchdringende Leitmotiv der Ars Morienda, des symbolischen wie des realen Sterbens, zum tröstlichen Fluchtpunkt aus den Zumutungen des Alltags. What light there is ist ein Buch der Abschiede; das einzig Erstrebenswerte liegt im Wissen, nichts halten zu können.

Dass dieser Text nie in Melancholie oder Trübsal abgleitet, liegt an Burnsides wunderbar luziden und sinnlichen Sprache, die zu lesen eine einzige Freude ist.

Ruth Roebke, Bochum