Zum Buch:
Sie wurde die „rote Emma“ genannt, und J. Edgar Hoover, Gründer des FBI, hielt sie für einen „der gefährlichsten Anarchisten in diesem Land“. Das war Emma Goldman in der Tat. Denn nie, auch nicht während ihrer Gefängnisaufenthalte, ließ sie sich den Mund verbieten. Wenn sie Missstände, Unterdrückung, Ungerechtigkeiten wahrnahm, riskierte sie alles – indem sie aufstand und sprach. Und wie sie sprach!
Emma Goldman, geboren am 27. Juni 1869 in Kaunas/Litauen, war 1886 mit 17 Jahren aus Russland in die USA emigriert. Als ihr Initiationserlebnis bezeichnete sie den Justizmord an den vier Arbeiterführern, die beschuldigt wurden, auf dem Chicagoer Haymarket Square eine Bombe gezündet zu haben. Sie wurden am 11. November 1887 gehängt, allein wegen ihrer politischen Anschauung, der tatsächliche Täter ist bis heute unbekannt. Von diesem Tag an setzte Emma Goldman ihre rhetorischen Fähigkeiten, ihre Begabung, ihr Können, ihr Leben für alle Unterdrückten ein. Sie griff das extreme kapitalistische System Amerikas genauso hart an wie die diktatorische Herrschaft der Bolschewiki. Sie redete, klärte auf, zunächst auf Russisch, Deutsch und Jiddisch, später in englischer Sprache. Ihre Autobiografie, in den 30er Jahren in Südfrankreich verfasst, gibt mehr Aufschluss über die amerikanische, aber auch über die europäische und russische Politik zwischen 1890 und 1930 als jedes andere offizielle Werk. Zu ihrem 70. Todestag hat der Nautilus Verlag die Autobiografie von Emma Goldman mit einem klugen und empathischen Vorwort von Ilija Trojanow neu ediert. In Deutschland sind die Schriften dieser großartigen Frau, die Zeit ihres Lebens mit allen Mitteln für die Freiheit der Meinungsäußerung, für die Rechte der Arbeiter, für die Gleichberechtigung der Frauen, für freie Liebe und Geburtenkontrolle und für den Frieden gekämpft hat, nahezu unbekannt. Es bleibt zu wünschen, dass sich das ändert!
Susanne Rikl, München