Zum Buch:
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestanden auch die allerneuesten Weltkarten Größenteils aus weißen Flecken. Daß sich das in den nächsten vierzig, fünfzig Jahren grundlegend ändern sollte, ist in der Hauptsache einem einzigen Mann zu verdanken. Sein Name: Sir John Barrow. Barrow war neben seiner Tätigkeit als zweiter Sekretär der Admiralität auch Vizepräsident der Royal Geographical Society sowie Mitglied der Royal Society. Er war übrigens der Mann, der St. Helena als Exil für Napoleon empfahl. 1816, am Ende der Napoleonischen Kriege, gab es für die Offiziere der größten Seemacht der Welt kaum noch etwas zu tun. Daher wurden die meisten einfach entlassen, dem spärlichen Rest der Lohn halbiert, und die überzähligen Schiffe blieben abgetakelt in den Häfen zurück und setzten Muscheln an. Da, mit enormer Macht ausgestattet, ehrgeizig, voller Ideen und Tatendrang, dabei immer bestrebt, seinem Land auf jedwede Weise dienlich zu sein, betrat John Barraow die Bühne.
Wo lag Timbuktu? Wo der Nordpol? Was befand sich im Inneren Afrikas? Wo mündete der Niger in welches Meer? Die Nordwestpassage! Antarktika. Barrows Traum bestand darin, all diese weißen Flecken auszufüllen, und, sofern sie sich als nur irgendwie nützlich erweisen sollten, diese der Krone einzuverleiben. Zu diesem Zweck entsandte er Entdeckungsreisen in die entlegensten Winkel der Welt, Offiziere und Kapitäne rissen sich geradezu darum, mit dabei zu sein, Ruhm und die Ehre zu für sich zu beanspruchen, zumindest aber einen besser bezahlten Posten.
Aber letztendlich waren sie alle völlig nutzlos. »Timbuktu war bloß ein Lehmhaufen, der Niger hatte keinen wirtschaftlichen Nutzen, Antarktika ein ungemütlicher Eisklumpen und die Nordwestpassage reine Zeitverschwendung.« Völlig mangelhaft in der Planung sowie auch in der Ausführung gerieten die Entdeckungsreisen in dem meisten Fällen disaströs. Ein enormer Verlust von Mensch, Material und für bessere Zwecke nötigen Geldern. Schlichteweg ein Fiasko.
Axel Vits, Der andere Buchladen Köln