Zum Buch:
Spätestens mit dem Gaza-Krieg der israelischen Armee (27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009) hat sich der Wind gedreht. Seither sind „die Zeiten, da Israel auf eine reflexhafte Unterstützung zählen konnte, vorbei.“ Dies sagt Norman G. Finkelstein, der Kritiker der israelischen Politik und der medialen „Holocaust-Industrie“ in den USA. Seine Diagnose ist die Quintessenz aus der minutiösen Analyse der Kriegsoperationen unter dem euphemistischen Namen „Gegossenes Blei“. Auf rund 140 Seiten belegt er in fünf Kapiteln und mit nicht weniger als 413 Fußnoten die Vorgeschichte, den Verlauf und die Bewertung des Gaza-Krieges in der Weltpresse. In zwei weiteren Kapiteln behandelt Finkelstein die Reaktionen in den USA und den Bericht des südafrikanischen Richters Richard Goldstone. Dieser untersuchte Menschenrechtsverletzungen während des Angriffs der modernen israelischen Armee mit 30 000 Mann gegen rund 5000 mit primitiven Waffen operierende Kämpfer der Hisbollah und gegen die Zivilbevölkerung.
Finkelstein schließt sich Ethan Bronner von der „New York Times“ an, dem zufolge die Demonstration militärischer Überlegenheit dazu diente, „Abschreckungsfähigkeit“ zu beweisen. Der Krieg fand zwar große Zustimmung in der israelischen Bevölkerung, gleichzeitig mobilisierte die „asymmetrische Härte“ (NZZ) der Kriegsführung die kritische Weltöffentlichkeit gegen Israels Militär und Politik.
Nach dem Waffenstillstand brach deshalb eine weltweite Kontroverse über die israelische Kriegsführung aus. Israel reagierte darauf mit eigenen Berichten über „die Operation in Gaza“. Während der amerikanische Militärexperte Anthony H. Cordesman Israel bescheinigte, „außerordentliche Anstrengungen unternommen“ zu haben, „um das Leben von Zivilisten“ zu schonen, erhoben Menschenrechtsorganisationen und viele Zeitungen, darunter die israelische “Haaretz“, schwere Vorwürfe. Finkelstein referiert die kontroversen Standpunkte sehr detailliert, aber ohne eigene Wertungen. Im Bericht über seine Reise nach Gaza bekennt er, dass er sich der Hamas anschlösse, „wäre ich ein Bewohner Gazas“. Dieser Bekenntnisdrang tangiert jedoch die sonst faire Darstellung nicht.
Rudolf Walther, Frankfurt am Main