Zum Buch:
Morten Schumacher, genannt Motte, ist 15 Jahre alt und freut sich auf die Turnierfahrt am Wochenende, für die er sich mit seinem Freund Bogi extra zwei Flaschen Amselfelder besorgt hat – weil der so billig und überdies laut Etikett „ohne Stiele und Stengel gekeltert“ und deshalb „bekömmlich“ ist. „Blackbirdfielder“ hatte ihn Bogi genannt; er hatte gerade seine englische Phase. Und dann kam, völlig aus heiterem Himmel, der Anruf, der Mottes Leben völlig verändern sollte: Bogis Vater, der sonst nie mit Motte sprach, teilt ihm mit, dass sein Sohn im Krankenhaus lag. Noch ist unklar, was da so dringend untersucht werden muss, aber ein mulmiges Gefühl bleibt bei Motte doch. Dabei ist sein Leben sowieso schon ganz schön durcheinander: die Eltern trennen sich, der Vater zieht zu seiner neuen Lebensgefährtin und Motte und seine Mutter müssen auch umziehen. Und als sich dann herausstellt, dass Bogi wirklich Krebs hat und sterben wird, ist plötzlich nichts mehr, wie es war.
Was macht man, wenn der beste Freund, mit dem man seit Kindergartenzeiten praktisch täglich zusammen war, plötzlich bleich und schwach mit seinem alten Teddybären im Arm im Krankenhaus liegt und kaum noch ansprechbar ist. Und was, wenn er dann gar nicht mehr da ist? Man tut erst mal so, als wenn nichts wäre. Und irgendeinem Erwachsenen sagt man schon gar nicht, wie man sich fühlt. Man geht cool und abgeklärt durch den Alltag, oder versucht zumindest zu verbergen, dass man eigentlich nicht geht, sondern torkelt, und das nicht nur wegen dem Amselfelder.
Matthias Brandt führt uns in Blackbird in aberwitzigem Tempo durch ein Schicksalsjahr im Leben eines 15jährigen, durch eine katastrophale und eine glückliche Liebesgeschichte, durch die nervende Schule, Freundschaften und pubertäre Verwirrungen. Vor allem aber gelingt es ihm, hinter Mottes schnoddrigem Gerede die schmerzliche Sprach- und Hilflosigkeit sichtbar zu machen, mit der ihn der Verlust des Freundes konfrontiert. Und nein, das ist trotz allem kein Coming-of-age-Roman und auch kein Jugendbuch, sondern hinter der ganzen rotzigen Komik ein Buch über den Umgang mit Tod und unausweichlichen Veränderungen, und beides gibt es in jedem Leben und in jedem Alter.
Irmgard Hölscher, Frankfurt