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Autor
O'Nan, Stewart

Das Glück der anderen

Untertitel
Roman. Aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel
Beschreibung

Eine Seuche in einer amerikanischen Kleinstadt rafft die Menschen dahin. Panik bricht aus, jeder denkt zuerst an sich. Der Roman erschien in Deutschland praktisch zeitgleich mit den Anschlägen in New York, und es ist verblüffend, in Abhandlungen über Milzbrand oder Pocken die kleine Stadt Friendship wieder zu erkennen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Rowohlt, 2003
Format
Taschenbuch
Seiten
220 Seiten Seiten
ISBN/EAN
978-3-499-23430-9
Preis
9,99 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Stewart O’Nan wurde 1961 in Pittsburgh/Pennsylvania geboren und wuchs in Boston auf. Bevor er Schriftsteller wurde, arbeitete er als Flugzeugingenieur und studierte an der Cornell University Literaturwissenschaft. Für seinen Erstlingsroman «Engel im Schnee» erhielt er 1993 den William-Faulkner-Preis. Er veröffentlichte zahlreiche von der Kritik gefeierte Romane, darunter «Emily, allein» und «Die Chance», und eroberte sich eine große Leserschaft. Stewart O’Nan lebt in Pittsburgh.

Zum Buch:

Es ist kein Leichtes, diesen Roman zu lesen. Konsequent schildert Stewart O`Nan die Ereignisse in der zweiten Person Singular. Zu Beginn stellt sich daraus eine Irritation her, man fühlt sich fremd an diesem Ort, obwohl man durch die direkte Ansprache mitten hineingezogen wird. Die Stadt Friendship, eine amerikanische Kleinstadt wird von einer Katastrophe heimgesucht, nicht nur von einer, sondern gleich zwei Visionen der Hölle müssen von ihren Bewohnern durchlebt werden. Eine Seuche in Form der tödlichen Diphtherie schleicht sich in die Stadt und ein gewaltiges Feuer kreist sie ein.

Jacob Hansen ist Sheriff, Leichenbestatter und Pastor zugleich und er versucht in allem sein Bestes. Selbst das Ausbluten der Leichen unterlässt er nicht trotz der damit verbundenen Gefahr, weil er sich und den Toten schuldig ist, es ordentlich zu machen. Beklemmende Szenarien entwickelt O´Nan, in denen von der Seuche Befallene versuchen zu fliehen, auf grausame Weise Selbstmord begehen oder in ihren Häusern gegen ihren Willen eingeschlossen werden. Beklemmend besonders in Zeiten, in denen dieser Horror plötzlich nicht mehr nur als Metapher gesehen werden kann, sondern als vorstellbare Realität.

Jacob Hansen geht durch das Grauen in zunehmender Verwirrung aber unerschütterlichem Gottvertrauen. Ein Glaube, der jedoch nicht rettend ist, sondern eher so scheint es die Katastrophe mit herbeibefördert. Und je mehr wir mit Hansen in das Zentrum des Feuers gestellt werden, dessen machtvoller Beschreibung wir uns nicht entziehen können, stellt sich auch uns die Frage nach dem Haltenden, nach dem Richtigen Handeln und dem Überleben mit dem Entsetzen.

Anne Fleischel (Köln)