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Autor
Kashua, Sayed

Tanzende Araber

Untertitel
Roman. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler
Beschreibung

Fast jeder fünfte Israeli ist ein Araber. Sie besitzen zwar einen israelischen Paß und dürfen wählen gehen, doch gibt es im Alltag und öffentlichen Leben zahlreiche Benachteiligungen gegenüber der jüdischen Mehrheit.

Verlag
Berlin Verlag, 2002
Format
Gebunden
Seiten
278 Seiten
ISBN/EAN
978-3-8270-0491-8
Preis
19,00 EUR

Zum Buch:

Trotz ausführlicher Berichterstattung über den Nahost-Konflikt ist über ihre Lage im Ausland nur wenig bekannt. Einer von ihnen, der 27jährige Sayed Kashua, hat jetzt einen Roman geschrieben, der in Israel große Beachtung gefunden hat und nun auf Deutsch vorliegt. Es handelt sich um den bekenntnishaften Bericht eines jungen Mannes über sein bisheriges Leben, der in schonungsloser, aber keineswegs denunziatorischer Weise Schwächen und Engherzigkeiten sowohl der arabischen wie der jüdischen Bevölkerung Israels offenlegt. Der Erzähler wächst in einer Familie auf, deren Leben von Trauer um verlorenes Land und Haß auf alles Jüdische geprägt ist. Verblüffend ist, mit welcher Offenheit die geistige Enge und Beschränktheit der eigenen Leute geschildert werden. Da er ein sehr begabter Schüler ist, erhält er einen Stipendiatenplatz in einem Internat für Hochbegabte, das allerdings fast ausschließlich von jungen Juden besucht wird. Hier muß er nun, als einfacher arabischer Bursche vom Lande, alle möglichen subtilen wie offenen Kränkungen durch seine jüdischen Mitschüler erleiden. Dazu kommt, daß er wegen seines arabischen Aussehens bei den Fahrten nach Hause von den Sicherheitskräften immer wieder zum Aussteigen aufgefordert wird. Er versucht dem zu entgehen, indem er von nun an westliche Kleidung trägt und sich Koteletten wachsen läßt. Es gelingt ihm bald, akzentfrei Hebräisch zu sprechen und er gewöhnt sich an, nicht mehr arabische, sondern jüdische Lieder vor sich hinzusummen. Er will also derart mit der ihm fremden Umwelt verschmelzen, seine Herkunft verleugnen, wie wir es von Woody Allens Kinogestalt “Zelig” kennen. Schließlich verliebt er sich in eine jüdische Mitschülerin, die beiden werden sogar ein Paar, denn das Mädchen kommt aus einer linksliberalen Familie. Doch die Verbindung endet bald, und der junge Erzähler verfällt in Depression, er kann die psychische Anspannung nicht mehr aushalten. Am Ende des Buches sehen wir ihn als einen noch jungen, aber bereits völlig desillusionierten und haltlosen Menschen. Mit diesem Buch erfahren wir, daß es neben dem bereits oft beschriebenen Topos des “jüdischen Selbsthasses” wohl auch so etwas wie einen arabischen Selbsthaß geben muß. Ein Buch aber auch, das den Leser vieles an der verwickelten israelisch-palästinensischen Zwickmühle ein wenig besser begreifen läßt. Bei aller Wertschätzung gegenüber politisch-soziologischen Dokumentationen und Analysen ist es ein Beispiel für den Teil der Wahrheit, den nur gute Literatur aufscheinen lassen kann. Wolfgang Kiekenap, Ypsilon Buchladen & Café, Frankfurt.