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Autor
Lettner, Natalie

Maria Lassnig

Untertitel
Die Biografie
Beschreibung

Es kann vorkommen, dass man eine Ausstellung sehen will, aber dann, weil etwa das Gedränge zu groß und die ausgestellten Bilder zu klein sind, lieber durch andere Museumssäle schlendert. Und dann stößt man vielleicht auf ein Werk, dass man nicht kannte, das einen aber trifft wie ein Schlag in den Magen, und das man nie wieder vergisst. So ging es mir im Städel mit dem „Selbstportrait mit Affe“ von Maria Lassnig.

Drei Jahre, nachdem Maria Lassnig im Alter von 94 Jahren gestorben ist, hat Natalie Lettner die erste Biographie über diese großartige Künstlerin vorgelegt.Maria Lassnig. Die Biographie ist ein wunderschön gemachtes Buch, eine fesselnde und wunderbar lesbare Lektüre für jeden, der sich für Kunst interessiert.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Brandstätter Verlag, 2017
Format
Gebunden
Seiten
400 Seiten
ISBN/EAN
9783850339056
Preis
29,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Natalie Lettner, Kultur- und Kunstwissenschaftlerin, arbeitet seit 2000 im Kunsthistorischen Museum Wien, Lehraufträge in Salzburg, Wien u. New York, sowie Forum Alpbach. Forscht an den Schnittstellen zwischen prämoderner und zeitgenössischer Kunst sowie zwischen sogenannter Hoch- und Populärkultur. Publikationen u.a.: Bilder des Bösen? Teufel, Schlange und Monster in der zeitgenössischen Kunst (2015).

Zum Buch:

Es kann vorkommen, dass man eine Ausstellung sehen will, aber dann, weil etwa das Gedränge zu groß und die ausgestellten Bilder zu klein sind, lieber durch andere Museumssäle schlendert. Und dann stößt man vielleicht auf ein Werk, dass man nicht kannte, nicht einordnen kann, auch gar nicht versteht, dass einen aber trifft wie ein Schlag in den Magen, und das man nie wieder vergisst. So ging es mir im Städel mit dem „Selbstportrait mit Affe“ von Maria Lassnig. Seitdem habe ich, vor allem dank der Retrospektive, die vor einigen Jahren in Köln zu sehen war, nähere Bekanntschaft mit dem Werk dieser Künstlerin gemacht und mich von diesen ungeheuer ehrlichen, schonungslosen, aber auch hochgradig komischen Bildern faszinieren, begeistern, amüsieren und immer wieder auch schockieren lassen.

Jetzt, drei Jahre, nachdem Maria Lassnig im Alter von 94 Jahren gestorben ist, hat Natalie Lettner die erste Biographie über diese großartige Künstlerin vorgelegt, und sie wird ihrem Gegenstand überaus gerecht. Auf der Grundlage umfangreicher Recherchen im Archiv der Maria-Lassnig-Stiftung und zahlreicher Interviews mit Zeitzeugen, Freunden und Lebensbegleitern zeichnet sie ein ungeheuer lebendiges Bild dieser außergewöhnlichen Frau und ihres mehr als 90 Jahre umspannenden Lebens und gibt gleichzeitig einen faszinierenden Überblick über die Entwicklungen der Kunst im 20. Jahrhundert. Wir erleben mit, wie das aus ärmlichen Verhältnissen stammende, vernachlässigte Kind, das von Lehrern und Mitschülern als „dumm“ verspottet wird, sich mit unbändiger Energie zu einer Malerin entwickelt, die lange vor dem Feminismus beginnt, mit „Körperempfindungsbildern“ zu experimentieren, folgen ihr nach Wien, Paris, New York, in die heruntergekommenen Ateliers, die sie sich kaum leisten kann, in die Kneipen und Cafés, wo sie praktisch alle großen Künstler und auch viele Literaten ihrer Zeit kennenlernt, erleben das Scheitern der Liebesbeziehungen mit, rufen uns die Schwierigkeiten von Frauen, sich als Künstlerinnen durchzusetzen und nicht bloß auf die dilettierende „Muse“ reduziert zu werden, wieder ins Gedächtnis, und begleiten sie bei ihren Misserfolgen, den Missverständnissen und schließlich bei der verdienten, wenn auch späten Anerkennung. Im Mittelpunkt von Lassnigs Leben stand stets die Malerei, aber das hinderte sie nicht daran, immer wieder mit neuen Medien, vor allem mit dem Animationsfilm, zu experimentieren. (Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, sehe sich ihre Maria Lassnig-Kantate im Internet an). Und nicht zuletzt zeigen die Ausschnitte aus ihren Tagebüchern und Briefen den manchmal bitteren, manchmal auch bösartigen Humor, der sich auch in Lassnigs Bildern findet, ihren charakteristisch Witz und ihre Selbstironie.

Maria Lassnig. Die Biographie ist zudem ein wunderschön gemachtes Buch mit Abbildungen in fantastischer Qualität. Das Buch ist eine fesselnde und wunderbar lesbare Lektüre für jeden, der sich für Kunst interessiert, und das nicht zuletzt deshalb, weil die Autorin ihren offensichtlichen Kenntnisreichtum, der sich sowohl auf das Leben ihres Sujets als auch auf die Kunstgeschichte bezieht, dankenswerterweise nicht durch abgehobenen kunsthistorischen Jargon beweisen oder unterstreichen muss.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main