Zum Buch:
Beide haben zuvor einen Dämpfer erhalten: der verwöhnte Alfredo hat es nicht geschafft, in Harvard angenommen zu werden, der brillante Donka, der es dorthin geschafft hat, fliegt auf, als er für Kommilitonen gegen Bezahlung Abschlussarbeiten schreibt, und ist der Universität verwiesen worden.
Aber jetzt stehen sie an der ersten Stufe zum Erfolg. Donka wird als einziger seines Jahrgangs zur Promotion bei dem zwielichtigen Professor Eugenio Corradini angenommen, einem Intriganten, der in der Universität genauso die Strippen zieht, wie in der Politik. Alfredo, der sich von seinem gönnerhaften Vater nicht anerkannt fühlt, schlägt dessen Angebot, in die Firma einzutreten, aus und macht sich – zunächst durchaus erfolgreich – daran, selbst in der Immobilienbranche zu reüssieren. In ihrem bedingungslosen Willen, zu den Gewinnern zu gehören, sind sich Alfredo und Donka ähnlich, trotz ihrer so gravierend verschiedener Herkunft, und so verstehen sie sich anfangs wunderbar. Der geschmeidige Alfredo, überzeugt, binnen kurzem mit den ganz Großen im Geschäft mitzuspielen, ist überzeugt, ein Falke zu sein, während unter Donkas freundlicher Oberfläche der Falke schläft. Dann fällt Alfredo mit seinem ersten dicken Deal gewaltig auf die Nase und kriecht doch unter des Vaters Fittiche, und Donkas Universitätskarriere endet abrupt mit dem Tod Professor Corradis, da ihm keine weitere Förderung mehr zuteil wird. Und in die Freundschaft zwischen Alfredo und Donka schleicht sich immer häufiger Konkurrenz ein.
Dies ist die Grundkonstellation für ein nun beginnendes, atemberaubendes Spiel mit vielen lebendig und klug gezeichneten Nebenakteuren, dessen Motor nur eines ist: Geld. Viel Geld. So schnell wie möglich. Die Handlung schlägt eine Volte nach der anderen, und das Unglaubliche daran ist: nichts davon mutet überzogen oder konstruiert an. Eher ertappt man sich beim Lesen bei dem Gedanken: Genauso ist es, so sind sie!
Die Verschwörung der Tauben ist ein kühles Buch. Intelligent aufgebaut, sprachlich brillant, reflektierend und rasant zu lesen wie ein Thriller. Ein Buch über Schmerz und Verrat, Einsamkeit und Gier und über die „feinen Unterschiede“: Kleidung, Lage der Wohnung, Restaurants, Frauen, Autos – alles sind Zeichen für die, die sie lesen können, und nur auf die kommt es an. Ein Buch über Menschen, denen der Autor „moralische Elastizität“ zuschreibt und die noch jung genug sind, um manchmal Zweifel zu haben an dem, was sie tun und wonach sie streben. Aber nur manchmal. Ein großartiges Buch. Dichter an der Gegenwart kann man kaum schreiben.
Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt