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Autor
Klewitz, Andreas von

Carl Chun, die Valdivia und die Entdeckung der Tiefsee

Untertitel
Beschreibung

Unter der Leitung des anerkannten Zoologen Professor Carl Chun verbringt das Forschungsschiff Valdivia ein ganzes Jahr auf den Weltmeeren, um erstmals unter deutscher Flagge die Geheimnisse der Tiefsee zu erkunden. Daraus entstanden ist ein spannender, überaus aufwändig gestalteter Reisebericht, der den Leser ein ums andere Mal in Erstaunen versetzt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Parthas Verlag Berlin, 2013
Format
Gebunden
Seiten
192 Seiten
ISBN/EAN
978-3-86964-071-6
Preis
34,80 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Andreas von Klewitz ist Historiker und lebt in Berlin. Bei Parthas sind von ihm bisher erschienen „Das Lied des Polyphem“ (2004) sowie „Der Erzchinese“ (2006).

Zum Buch:

»Man meint, unser Herrgott habe alle Dummheiten, die er gemacht hat, in der Tiefsee versteckt.«

Um die erste deutsche Tiefsee-Expedition ausrichten zu können, musste Carl Chun, renommierter Professor für Zoologe und Ordinarius an der Universität Königsberg, zunächst eine Petition einreichen, um überhaupt erst ein entsprechendes Gesuch an Wilhelm II richten zu dürfen. Der Kaiser ließ sich dann auch ein Jahr lang Zeit, bevor er letztendlich doch noch sein Einverständnis gab und die Unternehmung mit großem finanziellen Aufwand unterstützte, sodass am 31. Juli 1898 der zum Expeditionsschiff umgebaute Frachtdampfer Valdivia vom Hamburger Hafen ablegen konnte und mit viel Pomp und unter nicht enden wollenden Hipp-hipp-hurra-Rufen verabschiedet wurde.

In den gewaltigen Frachträumen des knapp neunzig Meter langen Schiffes lagerten Tonnen an Lebensmitteln und Arbeitsgerät, wie Schleppnetze und Botanisierungstrommeln, aber auch insgesamt achttausend Liter sechsundneunzigprozentiger Alkohol. Mit an Bord, neben der eigentlichen Mannschaft und dem Kapitän, befand sich ein Dutzend auf ihrem jeweiligen Gebiet höchst erfahrene Wissenschaftler, darunter Ozeanografen, Botaniker und Chemiker, des Weiteren ein Arzt und ein Fotograf, von denen allerdings keiner wirklich seefest war. Im Gegenteil. Bereits kurz hinter Helgoland konnte sich kaum einer der Herren noch auf den Beinen halten.
Und das war erst der Anfang.

Vom Atlantik aus führte die Reise in den Indischen Ozean und von dort bis in die Antarktis, und dazwischen wurden emsig Messungen betrieben, die Tiefennetze wieder und wieder ausgeworfen und eingeholt, es wurde seziert, fotografiert, gezeichnet und katalogisiert, Haie wurden mit der Schrotbüchse erlegt und mit Einheimischen auch schon mal das eine oder andere Kaffernbier gezecht. Ein Jahr und zweihundertdreißigtausend Seemeilen später, am 1. Mai 1899, machte die Valdivia wieder im heimatlichen Hafen fest, und die an den Quais dichtgedrängte Menge feierte ihre Helden überschwänglich.

Der von Andreas von Klewitz nacherzählte und reichlich mit Kommentaren, Fotografien und Zeichnungen versehenen Bericht Professor Chuns ist ein wahrer Leckerbissen für all jene, die sich mit dem Thema anfreunden können. Aus der heutigen Sicht mangelt es Chuns Beschreibungen auch nicht an ungewollter Komik, sodass man sich bei der Lektüre hin und wieder ein Grinsen nicht verkneifen kann. Mitunter auch ein Kopfschütteln. Doch der entscheidende Schritt, sich in die Riege derjenigen Nationen einzureihen, die ozeanisch unerforschte Bereiche des Meeres bereits erkundeten, um bisher nie Gesehenes in Augenschein zu nehmen, war für das junge Kaiserreich ein für die damalige Zeit nicht zu unterschätzender Meilenstein, der in diesem durchweg erstklassig gestalteten Band ganz besonders gut zum Ausdruck kommt.

Axel Vits, Der andere Buchalden, Köln