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Autor
James, Henry

Eine Dame von Welt

Untertitel
Eine Salonerzählung. Aus dem Englischen von Alexander Pechmann
Beschreibung

Der reiche Amerikaner Littlemore trifft in einem Pariser Theater auf Mrs. Headway, eine alte Angebetete aus San Diego. Sie bittet ihn, bei dem Edelmann Arthur Demesne als ihr Fürsprecher zu fungieren und ihn ihrer »Ehrbarkeit« zu versichern. Littlemore zögert, denn in Amerika hat sie ein skandalträchtiges Leben geführt, andererseits ist eine vorteilhafte Ehe für sie die einzige Möglichkeit, gesellschaftlich anerkannt zu werden. Soll er aus alter Verbundenheit lügen? Eine schwierige Frage, denn von nun an zählen Littlemore und Demesne zu den regelmäßigen Gästen in Mrs. Headways Salon …
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Aufbau Verlag, 2016
Format
Gebunden
Seiten
176 Seiten
ISBN/EAN
978-3-351-03634-8
Preis
16,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Henry James wurde 1843 in einer großbürgerlichen New Yorker Familie geboren. Sein Bruder war der einflußreiche Psychologe und Philosoph William James (1841-1910). Von seinem Vater als Weltbürger erzogen, pendelte Henry James viele Jahre zwischen Europa und den USA hin und her, bis er sich 1876 endgültig in England niederließ. 1915 wurde er britischer Staatsbürger. Er war befreundet mit so bedeutenden Literaten wie William Dean Howells, Iwan Turgenjew, Gustave Flaubert, Guy de Maupassant und Alphonse Daudet. Henry James gilt als der wichtigste Neuerer der Erzählkunst im Übergang zur Literatur des 20. Jahrhunderts und zur Moderne. Seine sprachlich vollkommenen Erzählwerke sind geprägt von seiner Vorliebe für die kultivierte aristokratische Lebensweise, die er in Amerika vermißte, und von einer gründlichen Analyse des Seelenlebens seiner Helden. Henry James starb 1916 in London.

Zum Buch:

Mrs. Headway, eine Amerikanerin in den besten Jahren, gutaussehend, eloquent und selbstbewusst, möchte in der noblen englischen Gesellschaft Fuß fassen. Was ihr in Amerika nicht gelungen ist, will sie ausgerechnet in Europa erreichen. Einige gescheiterte Ehen und ein ziemlich lockerer Lebenswandel im fernen Amerika sind zwar nicht gerade das beste Entrée für ihr Vorhaben, aber wer kann in Europa schon davon wissen? Schließlich konnten Informationen dieser Art im späten 19. Jahrhundert nur durch persönliche Vermittlung über den „großen Teich“ gelangen.
Mrs. Headway weiß aber sehr wohl, dass in der feinen englischen Gesellschaft neben Herkunft und Vermögen vor allem der untadlige Ruf eine enorme Rolle spielt. Dafür braucht sie einen Fürsprecher. Ist die Begegnung mit Mr. Littlemore, ihrem Landsmann, in Paris eine glückliche Fügung? Zwar hat er die allerbesten Kontakte in eben jene Gesellschaft, kennt leider aber auch ihr Vorleben zur Genüge. Sir Arthur Demesne, ihr Verehrer, wartet sehnlichst darauf, jemanden zu treffen, der ihre „Ehrbarkeit“ bezeugen kann. Nur dann könnte er sie guten Gewissens heiraten.Was soll Mr. Littlemore, ein Gentlemen, nun tun?

Letztendlich ist seine Entscheidung irrelevant für das weitere Geschehen, denn Mrs.Headway nimmt ihr Schicksal zielstrebig in die eigene Hand. Ein wenig nach dem Motto: „Wo ein Wille, da ein Weg“, agiert sie mit ihren weiblichen Reizen, punktet mit Spontanität, geschickter Taktik und ihrem amerikanischen Westküsten-Charme. Damit setzt sie ihre Gegnerinnen – Lady Demesne, die Mutter ihres Verehrers, und Mrs. Dolphin, die Schwester von Mr. Littlemore, die moralischen Instanzen der feinen Gesellschaft – Schachmatt.

Die „Salonerzählung“ von Henry James entstand in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts und spiegelt gewiss seine eigenen Erfahrungen mit der noblen englischen Gesellschaft wider. Als weltoffenem Amerikaner musste ihm diese starre englische Etikette wie eine Farce vorkommen. Psychologisch sehr subtil beschreibt er jenes gesellschaftliche Korsett, in das sich jeder pressen lassen musste, der dazugehören wollte. Erfrischend dagegen seine „Heldin“ Mrs. Headway, die ihren Aufstieg in die besseren Kreise minutiös plant und geschickt durchführt. Eine intelligente und unterhaltsame Strippenzieherin, die es trotz ihrer bewegten Vergangenheit oder vielleicht gerade auch deshalb schafft.

Brigitte Hort, Eitorf