Zum Buch:
Als großer Freund alter Reisebeschreibungen habe ich mich ganz besonders über die Entdeckung dieses bereits 1980 erschienen Buches gefreut. Auch war Abreise von China eines der wenigen Bücher, die ich an meinem Schreibtisch sitzend gelesen habe, denn all die Randbemerkungen, die Briefe und Zeitungsartikel und vor allem die vielen wunderbaren Photographien kann man auf der Couch einfach nicht richtig genießen.
Nachdem er seinen Militärdienst beendet hatte, entschied sich der junge Kaufmann Wilhelm Wilshusen dazu, sein Glück in China zu suchen, und so schiffte er sich im Frühjahr 1901 auf einem Postdampfer mit Richtung Shanghai ein. »China das war für die damals dort lebenden Kaufleute ein einziger großer Kaufmannsladen, in dem sie nahezu alles zu lächerlichen Spottpreisen erstehen konnten die Chinesen jedoch gar nichts.«
Wilshusens Firma hat Erfolg, die Geschäfte laufen prima und jahrelang geht alles gut. In seiner Freizeit beschäftigt sich der aufgeschlossene junge Mann mit der Photographie, er unternimmt, allein oder mit befreundeten Europäern, ausgedehnte Flußreisen und Landpartien in die nähere Umgebung, lernt so Land und Leute kennen. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs ändert sich die Situation schlagartig; nachdem China Deutschland den Krieg erklärt hat, drängen ansässige Engländer und Franzosen darauf, die gefährlichen Deutschen müßten entweder interniert oder des Landes verwiesen werden. Aber erst im Frühjahr 1919 gibt die Chinesische Regierung schließlich nach, und jetzt heißt es: Alle Deutschen müßen in spätestens drei Tagen das Land verlassen haben.
»Was dieses in solch kurzer Frist bedeutete, davon macht sich nur der einen Begriff, der es selbst mit durchgemacht hat.« Wilshusen hat 18 Jahre in China verbracht. Jetzt regelt er rasch seine geschäftlichen Angelegenheiten, packt nur das Nötigste ein, Kleidung, Lebensmittel, und reist auf einem von Soldaten begleiteten Flußdampfer von Shung-kiang bis nach Shanghai. Er bleibt gelassen, macht sich nicht mal Gedanken über die gefürchteten Räuberbanden, er sieht sich um, macht sich Notizen, schießt Photos. Sein Blick ist dabei recht kritisch, auch oder gerade in Bezug auf seine Landsleute. Sein Stil ist nüchtern, teilweise bissig. Seine Photografien laden zum Verweilen ein. Aber das Beste kommt noch: Der Band kostet schlappe fünf Euro. Also, wenn ich Sie wäre
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln