Zum Buch:
Lojze Wieser ist mit dem ORF losgezogen, einmal quer durch europäische Landschaften, um den Geschmack Europas zu erkunden. In diesem ersten Band gingen die Reisen nach Galicien, in die Lausitz, nach Siebenbürgen, in die Innerschweiz, die toskanische Maremma , das Gailtal und in den slowenischen Karst und die Goriška brda. Unglaublich, wie vertraut und wie exotisch Speisen an der europäischen Tafel sein können!
Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes: Es ist kein Kochbuch im eigentlichen Sinn, obwohl es viele Rezepte birgt, die einem im Nullkommanichts das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Ein reines Reisejournal ist es auch nicht – der vielen Farbfotografien wegen könnte man es einen Bildband nennen, aber was einem hier entgegenblickt, sind keine gestellten Kunstfotografien, sondern beeindruckende Momentaufnahmen aus dem Alltag der bereisten Regionen. Die lebendigen Texte in diesem Lesebuch sind zusätzlich garniert mit einer Sammlung von landestypischen Gedichten, Liedern, Erinnerungen, Prosa, Geschichtsausschnitten, und diese Kombination hinterlässt einen ebenso intensiven Geschmack wie die Speisen: ursprünglich und unmittelbar.
Im Landesinneren der toskanischen Maremma beispielsweise beklagen die Alten die Flucht der Jungen. In die verlassenen Häuser ziehen begüterte Städter, die die Schlichtheit der Gemäuer in aufwändigen Renovierungen erhalten. Im Gailtal in Kärnten gärt viel Neues, doch in die Zeit des Nationalsozialismus will aus Furcht kaum einer zurückblicken; das Gespenst der Windischen geht hier immer noch um. Man begreift sehr schnell: In den Gerichten ist auch die Geschichte der Landsleute zu schmecken, ihre aktuelle politische Situation, ihr Leben.
Prallvoll mit echten Begegnungen ist dieses Lesebuch, beim Zubereiten der Speisen, beim Essen an einem Tisch lässt sich leicht offen sprechen. Wer Europa wirklich kennenlernen, wer sich eine andere Form des Reisens schmackhaft machen lassen will, dem sei dieses Buch mehr als empfohlen.
Susanne Rikl, München