Zum Buch:
Die schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist ist mittlerweile international bekannt. Jetzt erscheint unter dem Titel I’m every woman ihr dritter Band in deutscher Übersetzung. Darin versammelt sie Comics rund um die patriarchale Machtstruktur des männlichen Geniekults. Das aus früheren Comics schon bekannte Narrativ der negativen Preisverleihung (zum Beispiel: „Männer, die sich zu sehr für das interessieren, was als das weibliche Geschlechtsorgan bezeichnet wird“, aus Der Ursprung der Welt) wird auch hier wieder aufgelegt, dieses Mal unter dem Motto: „Die unsäglichsten Lover der Weltgeschichte“. Darunter zu finden: Percy Shelley, Edvard Munch und, auf Platz 1, Albert Einstein. Namen also, die sonst vornehmlich auf anderen Listen und in anderen historischen Anordnungen zu finden sind, etwa unter den wichtigsten Erfindern und Künstlern der Geschichte. In der für sie charakteristischen, sarkastisch-humorvollen Art macht Strömquist deutlich: Diese Geschichten haben noch eine andere Seite.
Ein anderer Höhepunkt dieser Comicsammlung ist eine Reihe einzelner Zeichnungen unter dem Motto ach gott, wie natürlich!!! Strömquist führt hier anhand einer Reihe unbeliebter Tiervergleiche die Behauptung einer angeblich natürlichen Sexualität ironisch vor. Diese Beispiele zeigen sehr gut die Unterschiedlichkeit der Comics. Eine Mehrheit der Zeichnungen ist eher textlastig und, charakteristisch für die studierte Politikwissenschaftlerin, mit zahlreichen wissenschaftlichen Quellen versehen. Sie thematisieren historische Begebenheiten, mythische Erzählungen (etwa aus der Bibel) und Biografien verschiedener Frauen. Letztere haben eine Gemeinsamkeit: alle sind Frauen einflussreicher Männer. Den Biographien der Frauen von Elvis Presley und Stalin sind eigene Comics gewidmet. Dass es sich bei den biografischen Anekdoten nicht um Fiktion handelt, ist entscheidend. Auch wenn Strömquists Tonfall das patriarchale Machtgefälle ironisch distanziert als ebenso empörend wie abstrus ausstellt, bleibt doch so in jedem Moment klar, dass es sich um tatsächliche Frauenschicksale handelt und dass diese bei weitem keine Einzelfälle darstellen.
Dabei scheint es Strömquist sehr wichtig zu sein, eine andre Seite der Geschichte auch jener Männer zu erzählen, die selbst gesellschaftskritisch und emanzipatorisch gewirkt haben. So tauchen in ihren Geschichten nicht nur Karl Marx‘ Geliebte und seine Ehefrau auf, auch das Verhältnis von Yoko Ono und John Lennon wird genauer unter die Lupe genommen.
Alles in allem ist auch dieser Comic von Liv Strömquist ebenso desillusionierend wie bestärkend. Denn trotz ihrer thematischen Schwere sind sie vor allem eins: witzig und kurzweilig. Die Botschaft ist deutlich: Das Patriarchat ist unsäglich, untragbar und gehört endlich abgeschafft.
Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt