Zum Buch:
„Das Pferd brachte mir etwas über das Leben bei.“ Ein Leben, das sich für Sonia auf Rennbahnen, in Ställen, auf dem Pferderücken und im Wohnwagen abspielt. Geprägt von Renntagen, die um vier Uhr morgens beginnen und manchmal erst nach Mitternacht enden. Umgeben von den skurrilen und skrupellosen Gestalten, die der professionelle Pferderennsport anzieht, und von Menschen, die für die Pferde und ihr Wohlergehen alles geben würden, oft auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit.
Sonia ist so eine Person. Schon als kleines Mädchen wollte sie auf die Rennbahn und Pferde trainieren. Noch als Schülerin beginnt sie mit einfachen Arbeiten auf einer mittelgroßen Rennbahn im Mittleren Westen der USA zu arbeiten. Sie kümmert sich um die Pferde, ist morgens die Erste im Stall und abends die Letzte, die das Licht ausmacht. Sie ist nie woanders, verlässt die Rennbahn während der Saison kaum, höchstens, um in ihrem Wohnwagen zu schlafen, und manchmal nicht einmal das: Wenn sie nach einer 16-Stunden-Schicht zu erschöpft ist, um nach Hause zu laufen, schläft sie einfach im Stall. Ein Leben, das an die Substanz geht. Man verletzt sich, wird getreten, gebissen, abgeworfen. Doch nicht nur die Pferde sind gefährlich. Der Rennsport ist männerdominiert: Sonia ist eine der wenigen Frauen und sticht oft aus der Masse der Rennbahnleute heraus. Sie gerät an die falschen Männer, ist alltäglichem Sexismus ausgesetzt, der sie dazu zwingt, sich ein dickes Fell zuzulegen und die Männer auch mal durch einen Faustkampf in ihre Schranken zu weisen.
Verdichtet und zugespitzt erzählt Kathryn Scanlan die Geschichte der realen Sonia, die 1969 auf den Rennbahnen des Mittleren Westens zu arbeiten begann. In kurzen, prägnanten Kapiteln lässt sie Sonia von ihren Erfahrungen im Galopprennsport erzählen: Ständig unterwegs, konfrontiert mit gewalttätigen Männern, rücksichtslosen Pferdebesitzern. Aber sie findet auch ihre „Rennbahnfamilie“ in den Jockeys, Trainern, Pflegern, Stallburschen, Stewards. In ihrer minimalistischen Sprache erzählt Sonia von diesen Menschen, ihren Lebensgeschichten, ihren Erfolgen und Rückschlägen. Und sie erzählt von den Pferden, ihren Vorlieben und Eigenheiten. Von diesen Hochleistungssportlern auf vier Beinen, die mal gehegt und gepflegt, mal bis zum Zusammenbruch geritten werden, um Geld zu gewinnen. Scanlan führt uns mit dieser eindrucksvollen Erzählung in die verrückte Welt des Galopprennsports ein, ein Millionengeschäft, beobachtet durch die Augen derer, die es mit Leidenschaft und harter Arbeit am Laufen halten. Boxenstart ist in seiner Form und Erzählweise ein besonderes Buch, das einen schnell in seinen Bann zieht.
Melissa Dutz, Frankfurt a. M.