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Hexen hexen

Autor
Dahl, Roald; Bagieu, Pénélope

Hexen hexen

Untertitel
Der Comic. Aus dem Französischen von Silv Bannenberg
Beschreibung

„Wenn sie Dich erwischen, wie Du um die Töpfe flitzt, schneiden sie dir die Kehle durch!“ „Okay?!“ „Na, ich wollte nur ehrlich sein.“ Für ein Kinderbuch klingt ein solcher Dialog sehr direkt. Aber Roald Dahl war es immer daran gelegen, „ehrlich“ zu sein. Das kunstvolle und mitreißende seiner Geschichten ist es, dass sie mit den Mitteln des Phantastischen darauf zielen, mit der Realität zurechtzukommen. Hexen hexen ist ein spätes Buch Dahls, es erschien 1983 und wurde 1990 verfilmt. Erzählt wird die Geschichte eines Waisenjungen, der mit Hilfe seiner energischen Großmutter und einer Freundin den Kampf gegen „echte Hexen“ aufnimmt. Hexen hassen Kinder und ihr Plan ist es, alle Kinder in Mäuse zu verwandeln. Zum Glück weiß Oma, woran man Hexen erkennt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Reprodukt Verlag, 2020
Seiten
320
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-95640-225-8
Preis
24,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Roald Dahl, geboren 1916 in Wales, ist Sohn norwegischer Eltern und wurde nach dem Polarforscher Roald Amundsen benannt. Dem Großmeister des schwarzen Humors verdanken wir makabre Kurzgeschichten wie “Die Wirtin” oder “Gelée Royale” und Kinderbücher wie “Matilda” und “Charlie und die Schokoladenfabrik”. Der weltbekannte Autor verstarb 1990 in Oxford.

Pénélope Bagieu, geboren 1982 in Frankreich, wurde berühmt durch ihren Comicblog “Ma vie est tout à fait fascinante“. Ihr erster Comic “Eine erlesene Leiche” (Carlsen Comics) wurde 2010 vom Internationalen Comicfestival Angoulême in die Auswahl für den “besten Newcomer” aufgenommen. Ihre Serie “Josephine” ist bereits in zahlreichen Sprachen erschienen und wurde 2012 verfilmt.

Zum Buch:

„Wenn sie Dich erwischen, wie Du um die Töpfe flitzt, schneiden sie dir die Kehle durch!“ „Okay?!“ „Na, ich wollte nur ehrlich sein.“ Für ein Kinderbuch klingt ein solcher Dialog sehr direkt. Aber Roald Dahl war es immer daran gelegen, „ehrlich“ zu sein. Das kunstvolle und mitreißende seiner Geschichten ist es, dass sie mit den Mitteln des Phantastischen darauf zielen, mit der Realität zurechtzukommen. Hexen hexen ist ein spätes Buch Dahls, es erschien 1983 und wurde 1990 verfilmt. Erzählt wird die Geschichte eines Waisenjungen, der mit Hilfe seiner energischen Großmutter und einer Freundin den Kampf gegen „echte Hexen“ aufnimmt. Hexen hassen Kinder und ihr Plan ist es, alle Kinder in Mäuse zu verwandeln. Zum Glück weiß Oma, woran man Hexen erkennt.

Für die französische Comiczeichnerin Penelope Bagieu (*1982) ist diese Vorlage wie geschaffen, denn sie bietet ihr: Kritik an Konventionen, markante Charaktere und viel Raum für die eigene Imagination. Wie sie diesen Raum nutzt und darin eine mitunter fast atemlose Spannung erzeugt, das ist ein großes Vergnügen. In Deutschland wurde Penelope Bagieu mit ihrer Geschichte über die Sängerin Mama Cass Elliot (California Dreamin) bekannt, zuletzt erschien ihre Geschichtensammlung Unerschrocken über historische Frauen, die sich gegen die Widerstände einer patriarchalen Gesellschaft durchgesetzt haben. In Frankreich ist Bagieu ein absoluter Superstar und eine wichtige feministische Stimme in der immer noch von Männern dominierten Comicszene.

Wer sich als Zeichner*in mit Dahl auseinandersetzt, steht immer im Schatten von Quentin Blake, dem Illustrator vieler seiner Bücher, aber Bagieu tritt mit den Mitteln des Comics mühelos daraus hervor. Ihr Stil ist einerseits direkt und zupackend, dazu aber auch voller Details, die diese zweite, visuelle Lektüre unbedingt empfehlenswert machen. Bagieu inszeniert die dramatischen Szenen wie zum Beispiel eine Verfolgungsjagd in der Küche mit spektakulären Perspektivwechseln. Der Größenunterschied zwischen Menschen und Kindern (noch mal potenziert durch deren Verwandlung in Mäuse) hat sie sichtbar fasziniert. Das Grandhotel wird zu einer Riesenburg, zum Glück bietet die opulente Frisur der Oma ein sicheres Versteck.
Bagieu hat den Stoff behutsam bearbeitet, aus Bruno (einem weiteren Kind) wird ein Mädchen und eine sehr dezente Liebesgeschichte beiläufig miterzählt. Die schrullige, kettenrauchende Oma bleibt lange undurchsichtig – um am Ende umso wärmer zu strahlen. Hexen hexen ist eine Geschichte über das Verschwinden, mithin den Tod. Gegen den Verlust helfen nur Zusammenhalt und Tatkraft. Die wiederum hängen weder vom Alter noch von der Größe jedes Einzelnen ab. Die Kunst Roald Dahls und auch Penelope Bagieus besteht nicht zuletzt darin, dass diese Botschaft niemals kitschig erscheint, zu skurril sind die Charaktere, zu lakonisch die Dialoge, zu schnell das Tempo.

Jakob Hoffmann, Frankfurt am Main