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Sie hätten sie aufhalten können. Und das wäre nicht einmal sehr schwierig gewesen. Sie hätten sie aufhalten und damit all diese schrecklichen Morde verhindern können. Aber sie taten es nicht. Zehn unschuldige Menschen mussten deswegen sterben, Menschen, deren zahlreiche Angehörige für den Rest ihres Lebens gezeichnet sind und deren Vertrauen in eine „rechtstaatliche“ Gemeinschaft bis in die Grundfesten erschüttert – wenn nicht gar verloren gegangen ist.
Auch nach über hundert Verhandlungstagen seit Prozessbeginn vor dem Münchener Oberlandesgericht besteht kein Grund zu der Annahme, die Hauptangeklagte Beate Zschäpe würde sich, wie von ihr am Tag ihrer Festnahme angekündigt, zu den Tatvorwürfen äußern und somit endlich etwas Licht in die Angelegenheit bringen. Sie schweigt beharrlich.
Es ist daher den beiden Autoren Stefan Aust und Dirk Laabs zu verdanken, dass wir überhaupt die Möglichkeit haben, uns anhand minutiös recherchierter Fakten ein Bild über die genauen Hintergründe zur Mord- und Anschlagsserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ machen zu können. Und es kommt leider zu oft vor, dass man sich bei der Lektüre, die nebenbei spannend ist wie ein Kriminalroman, geradezu wünscht, die beiden Autoren hätten genau das getan, eben einen irgendwie spannenden Politthriller geschrieben, denn man kann, nein, man will einfach nicht glauben, dass das völlige, auf ganzer Linie greifbare Versagen von Polizei, Verfassungsschutz und Geheimdiensten so, in dieser Form, überhaupt möglich sein kann. Ein Schlag ins Gesicht all jener, die jeden Morgen aufstehen – und ihren Job erledigen.
Nun, ich sage es gleich noch einmal, die Lektüre dieser Chronik des Versagens ist absolut notwendig, um die Hintergründe überhaupt erst zu verstehen, sie macht aber auch sehr wütend. Und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln