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Autor
Lappert, Rolf

Über den Winter

Untertitel
Roman
Beschreibung

Lennard Salm ist Künstler, sogar ein recht bekannter. Er hat sich einen Namen mit Installationen gemacht, besitzt ein Atelier in New York und hat einen wohlwollenden Mäzen gefunden. Der stellt ihm seine Wohnung in einer Ferienanlage am Mittelmeer zur Verfügung, damit er sein neuestes Projekt in Angriff nehmen kann: mit dem gebrechlichen Vater, der strengen Mutter, die seit langem in Florida lebt, dem konservativen Bruder Paul und der chaotischen kleinen Schwester Bille.

Mit großer Ruhe lässt uns Rolf Lappert an der Entwicklung seines Protagonisten vom egozentrischen, verwöhnten Künstler und ewigem Kind zu einem Erwachsenen teilnehmen, der seine Familiengeschichte mit all ihren zerbrochenen Träumen und schmerzenden Tragödien endlich annehmen kann.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag, 2015
Format
Gebunden
Seiten
384 Seiten
ISBN/EAN
9783446249059
Preis
22,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Rolf Lappert, geb. 1958 in Zürich, absolvierte eine Ausbildung zum Grafiker, bevor er sich entschloss, Schriftsteller zu werden. In den Achtzigerjahren unterbrach er für längere Zeit das Schreiben, gründete mit Freunden einen Jazzklub und reiste kreuz und quer durch Amerika. Zwischen 1996 und 2004 arbeitete er als Drehbuchautor, u.a. für eine Serie im Schweizer Fernsehen. Rolf Lappert lebt als Autor in Listowel, County Kerry, Irland. Mitten in der Arbeit erfährt er vom Tod seiner Schwester und muss zur Beerdigung nach Hamburg. Neben der Bestürzung über die Todesnachricht ist er durchaus froh, aus der Feriensiedlung wegzukommen. Andererseits weiß er, dass er in Hamburg mit der ganzen Familie konfrontiert sein wird

Zum Buch:

Lennard Salm ist Künstler, sogar ein recht bekannter. Er hat sich einen Namen mit Installationen gemacht, besitzt ein Atelier in New York und hat einen wohlwollenden Mäzen gefunden. Der stellt ihm seine Wohnung in einer Ferienanlage am Mittelmeer zur Verfügung, damit er sein neuestes Projekt in Angriff nehmen kann – die Hinterlassenschaften der Flüchtlinge zu sammeln und auszustellen, die im Mittelmeer ihr Leben gelassen haben. Mitten in der Arbeit erfährt er vom Tod seiner Schwester und muss zur Beerdigung nach Hamburg. Neben der Bestürzung über die Todesnachricht ist er durchaus froh, aus der Feriensiedlung, die immer mehr zur Festung wird, wegzukommen. Andererseits weiß er, dass er in Hamburg mit der ganzen Familie konfrontiert sein wird: mit dem gebrechlichen Vater, der strengen Mutter, die seit langem in Florida lebt, dem konservativen Bruder Paul und der chaotischen kleinen Schwester Bille, der einzigen, auf die er sich wirklich freut – und ihm graut davor. Zu Recht, wie sich herausstellt. Denn die Familie erinnert ihn dieses Mal an seine Pflichten: er muss sich um den Vater kümmern, eventuell das Elternhaus verkaufen. Einerseits ist ihm ein Aufenthalt in Hamburg ganz recht, denn er steckt in einer erheblichen Schaffenskrise. Andererseits ermüden und überfordern ihn die Zumutungen, die die Versorgung des Vaters und der ständige Kontakt zu Bille für ihn bedeuten. Für sie ist er der große Bruder, und sie erhofft sich von ihm Unterstützung bei ihren vagen Theaterplänen und unpassenden Liebhabern.

Mit großer Ruhe lässt uns Rolf Lappert vor der Folie der verschneiten Stadtlandschaft Hamburgs an der Entwicklung seines Protagonisten vom egozentrischen, verwöhnten Künstler und ewigem Kind zu einem Erwachsenen teilnehmen, der seine Familiengeschichte mit all ihren zerbrochenen Träumen und schmerzenden Tragödien endlich annehmen kann – und am Ende erkennt, dass manche Kindheitsträume auch in einer Familie, die ihre Unerfüllbarkeit festgeschrieben hat, doch erfüllt werden können, und das sogar von der richtigen Person.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main