Zum Buch:
An einem Nachmittag in Frühjahr 1880 erhält Arthur Conan Doyle, damals Medizinstudent in Edinburgh, unerwartet Besuch von einem Kommilitonen. Der bietet dem 20-Jährigen an, als sein Ersatzmann für ein halbes Jahr als Schiffsarzt auf einem Arktis-Walfänger anzuheuern. Dass Doyle nicht lange überlegt und für diese bezahlte Abenteuerfahrt sein Studium unterbricht, wird ihn zum Mann und zum Schriftsteller machen. Das Tagebuch der faszinierenden, spannenden, abenteuerlichen Reise war 130 Jahre lang verschollen und erscheint in dieser bibliophilen Ausgabe zum ersten Mal auf Deutsch.
Vielleicht hätte es Sherlock Holmes nie gegeben, wenn Arthur Conan Doyle den Erwartungen seiner Mutter entsprochen und das Medizinstudium zügig beendet hätte. Er wäre nicht gezwungen gewesen, Logbuch zu führen und die täglichen Begebenheiten an Bord des Walfängers “Hope” zu notieren, nüchtern, sachlich und dennoch gewürzt mit dem ihm eigenen Humor, mit Schlagfertigkeit und Esprit. In diesem halben Jahr – das kann man an den Logbucheinträgen wunderbar beobachten – entwickelt Doyle seinen geschliffenen, knappen und präzisen Stil, diese Mischung aus humorvollem, unterhaltendem, spannendem Erzählen.
Doyle schreibt über die 56-köpfige Crew, bei der er sich von Anfang an einen guten Ruf sichert, indem er dem Stewart beim Boxen ein blaues Auge verpasst, von dem Kameraden Milne, dessen Tod auf hoher See er nicht verhindern kann; von den täglichen Quoten der Robbenjagd, von “brutaler Arbeit” und “blutiger Ernte”, von Stürmen, Flauten, dem misslungenen Präparierversuch eines abgeschossenen Falken, von Meteoriten, die der Kapitän ins Meer fallen sieht, von Tabaksbeuteln, genäht aus gesäuberten Robbenflossen.
Es ist ein unglaublich reiches Buch, weil es nicht nur die Logbucheinträge und Briefe Doyles enthält, sondern außerdem noch die Einleitung der Herausgeber, aus der man erfährt, wie der 2O-jährige Medizinstudent zu diesem Abenteuer kam und welches Leben er vor dieser Reise geführt hatte, einen 50-seitigen Faksimileauszug mit Doyles Zeichnungen, einen Essay der Herausgeber, der deutlich macht, was dieses halbe Jahr für Doyles weiteres Leben bedeutet hat, mehrere Schriften Doyles über die Arktis, seine Lebenschronik und einen Essay des Übersetzer zu Doyles zoologischer Liste der arktischen Tierwelt.
Bleibt zu erwähnen, dass es ein außergewöhnlich schön gestaltetes Buch ist – vom Schuber geschützt, in rotes Leinen gebunden, auf dem Vorsatz eine Karte mit der Route der “Hope” sowie eine Skizze des Arktis-Walfängers und, absolut beeindruckend, der Faksimile-Auszug der illustrierten Tagebuchseiten.
Susanne Rikl, München