Detail

Drucken

Keyserlings Geheimnis

Autor
Modick, Klaus

Keyserlings Geheimnis

Untertitel
Roman
Beschreibung

Im Sommer 1901 findet sich eine kleine Gruppe von Künstlerfreunden aus Schwabing in einem von dem erfolgreichen Dramatiker Max Halbe gemieteten Sommerhaus am Starnberger See zusammen. Unter ihnen Lovis Corinth, der Maler, und Eduard Keyserling, ein Schriftsteller aus altem, baltischem Adel, der Corinth für ein Portrait Modell sitzt. Keyserling ist ein Paradiesvogel in der Schwabinger Bohème – adlig, gebildet, mit exzellenten Manieren, umwölkt von einem Geheimnis, das ihn aus seiner Heimat vertrieben hat und das alle gerne ergründen würden. Die Tage plätschern dahin – bis eine unerwartete Begegnung Keyserling mit seiner Vergangenheit konfrontiert und alte Gespenster erwachen …
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2018
Seiten
238
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-462-05156-8
Preis
20,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Klaus Modick, geboren 1951, studierte in Hamburg Germanistik, Geschichte und Pädagogik, promovierte mit einer Arbeit über Lion Feuchtwanger und arbeitete danach u.a. als Lehrbeauftragter und Werbetexter. Seit 1984 ist er freier Schriftsteller und Übersetzer und lebt nach diversen Auslandsaufenthalten und Dozenturen wieder in seiner Geburtsstadt Oldenburg. Für sein umfangreiches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Nicolas-Born-Preis, dem Bettinavon-Arnim-Preis und dem Rheingau Literatur Preis. Zudem war er Stipendiat der Villa Massimo.

Zum Buch:

Im Sommer 1901 findet sich eine kleine Gruppe von Künstlerfreunden aus Schwabing in einem von dem erfolgreichen Dramatiker Max Halbe gemieteten Sommerhaus am Starnberger See zusammen. Unter ihnen Lovis Corinth, der Maler, und Eduard Keyserling, ein baltischer Adliger mit Dandy-Attitüde, schmal, hässlich und von der Syphilis gezeichnet. Ein zurückhaltender, stets sorgfältig gekleideter Herr in mittleren Jahren, dessen melancholische Ironie und feiner Humor ihn zum beliebten Gesprächspartner machen. Aber nicht nur seine gesellschaftliche Stellung hebt ihn aus dem Kreis der Schwabinger Bohème heraus – ihn umgibt ein Geheimnis, das jeder nur zu gerne ergründen würde. Irgendwann in seiner Jugend muss es einen Skandal gegeben haben – genaues weiß man natürlich nicht –, der ihn aus seiner Familie und Heimat vertrieben und ihn dort zur Persona non grata gemacht hat.

Corinth hat ihn überredet, ihm für ein Porträt Modell zu sitzen, und während Keyserling schwitzend vor einer Mauer sitzt, versucht der Maler den Grafen im Gespräch auf seine Jugendjahre zu bringen. Aber der hat eine große Fähigkeit entwickelt, sämtliche semantischen Klippen elegant zu umschiffen. In den Jahren in Wien, nach seiner Flucht, und jetzt in München, wo er seit langem lebt und ihm zwei seiner Schwestern den Haushalt führen, ist er in seine Rolle als kunstsinniger Lebemann und Schriftsteller hineingewachsen und seinem Schicksal fast dankbar, dass es ihn aus der vorgezeichneten Bahn als beschäftigungsloser jüngerer Sohn auf einem Landgut, herausgeschleudert hat.

Aber als Keyserling mit Frank Wedekind in einem Nachbarort ein Gesangskonzert besucht, steht in Gestalt der auftretenden Sängerin seine Vergangenheit plötzlich in aller Deutlichkeit vor ihm …

Zu der Zeit, in der Keyserlings Geheimnis spielt, war dieser, obwohl schon 46 Jahre alt, erst am Anfang seiner literarischen Laufbahn. Seine wunderbaren Erzählungen und Romane diktierte er, durch die Krankheit fast erblindet, seinen Schwestern. Klaus Modick gibt seinem Protagonisten den unnachahmlichen Tonfall, der sein literarisches Schaffen geprägt hat: sanfte Ironie, atmosphärische Dichte, kluge Analyse einer Welt im Untergang. Wer Keyserlings Werk kennt, findet in Modicks Buch eine Fülle von Verweisen darauf, für die, die dem Autor hier zum ersten mal begegnen, ist es hoffentlich eine Anregung, ihn zu entdecken. Amüsant zu lesen ist es für beide gleichermaßen.

Das Porträt ist auf dem Vorsatz abgebildet, das Original in der Neuen Pinakothek in München zu besichtigen.

Ruth Roebke, Bochum